Neveling und David: Die Vorgaben müssen sich am Leben der Bewohner*innen orientieren

  • Veröffentlicht am: 26. März 2020 - 15:44

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Monika Neveling, Foto: Sven Brauers, © Grüne Hannover

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Barbara David
Barbara David, Foto: Sven Brauers, © Grüne Hannover

Redebeitrag zur Ratssitzung am 26.03.2020 von Monika Neveling, Migrationspolitische Sprecherin, zur Satzung über die Unterbringung Obdachloser und Geflüchteter in der Landeshauptstadt Hannover, DS 3321/2019 N1

Vielen Dank für die Initiative der Verwaltung die verschiedenen veralteten Satzungen zur Unterbringung zu überarbeiten und in einer einheitlichen Regelung zusammenzufassen. Damit wird bewirkt, was wir auf kommunaler Ebene schon lange fordern: Die Stadt wird mit den Kosten nicht länger alleine gelassen, die anderen Kostenträger*innen beteiligen sich angemessen.

Wir haben intensiv unter Beteiligung unserer Fachbereiche Migration und Soziales über die vorliegende Satzung diskutiert. Schließlich geht es darum, dass in den Unterkünften Menschen leben, teilweise für mehrere Jahre. Die Unterkünfte waren immer als Zwischenlösung gedacht, doch das sind sie in der Realität schon länger nicht mehr. Deshalb müssen wir andere Maßstäbe als bisher anlegen.

Wir waren nicht ganz glücklich mit der ersten Fassung. Umso mehr freuen wir uns nun, dass unsere Hinweise vollumfänglich aufgenommen worden sind und nun eine neue, bessere Satzung vorliegt. Da durch das gewählte Verfahren zur Neufassung und aufgrund des Corona-Virus leider nicht alle betroffenen Ausschüsse beteiligt werden konnten, möchten wir einige klarstellenden Worte zu Protokoll geben. Aufgrund der folgenden Auslegungen und entsprechenden Erläuterungen der Verwaltung wird unsere Fraktion der vorliegenden Satzung zustimmen.

Die veränderte Gebührenordnung mit der Möglichkeit zur Reduzierung der Gebühr für Selbstzahler*innen ist ein wichtiger Beitrag, die Teilnahme am Erwerbsleben zu honorieren und nicht zu bestrafen. Ein Antrag auf Reduzierung wird für 30 Monate gestellt, alle halbe Jahr muss die gleichgebliebene Einkommenssituation nachgewiesen werden. Bei unveränderter Einkommens- und Wohnsituation kann nach 30 Monaten ein neuer Antrag gestellt werden.

Wir gehen davon aus, dass es ein geregeltes Verfahren für Personen geben wird, die kein Anrecht auf Sozialleistungen haben und über kein eigenes Einkommen verfügen. Diese sind nach der aktuellen Lage von den Reduzierungen ausgeschlossen und häufen somit Schulden bei der Stadt an, was belastend ist und integrationshemmend wirken kann.

Die Satzung legt fest, dass allen Untergebrachten WLAN in ihren Zimmern zu stellen ist. Dies ist ein enormer Fortschritt für den Alltag, da Job- und Wohnungssuche, das Erlernen der deutschen Sprache und soziale Kontakte in unserer heutigen Zeit zu einem großen Teil übers Internet stattfinden. Durch den Zugang zu Informationen über Sport- oder Kulturangebote sowie alltägliche Themen der Stadt wird die Teilhabe und letztlich das Zusammenleben gefördert.

Der Unterstützerkreis Flüchtlingsunterbringung und der Flüchtlingsrat Niedersachsen haben insbesondere den §5 kritisiert, der eine Vielzahl von Gründen für einen Widerruf der Zuweisung zu einer Unterkunft auflistet. Unsere Nachfragen bei der Verwaltung haben ergeben, dass die betroffene Person eine neue Zuweisung für eine andere Unterkunft erhält, wenn weiterhin eine Unterbringungspflicht für die LHH besteht. Da es sich bei der Zuweisung einer Unterkunft um einen Verwaltungsakt handelt, muss dieser auch durch einen Widerruf seitens der Verwaltung erledigt werden. Durch die detaillierte Gestaltung des § 5 soll ein klarer Handlungsspielraum definiert werden.

Auch §7 wurde kritisiert, da dort die Gestattung technischer Überwachungs- und Sicherungsmaßnahmen festgelegt werden. Diese dienen nur der Überwachung der Zugangs- und Außenbereiche. Es werden keine Bilder aufgezeichnet und/oder gespeichert.

Schwierig finden wir, dass die Routinekontrollen der Zimmer aus §8, Abs. 5 zweimal monatlich stattfinden. Zumindest werden diese vorher abgesprochen und es ist jederzeit möglich, Alternativtermine zu vereinbaren. Es finden keine Kontrollen statt, um nach Möbeln oder sonstige Gegenständen in den Zimmern zu suchen. Das Recht, Gegenstände zu entsorgen (§6, Abs. 2) bezieht sich auf die gemeinschaftlich genutzten Flure, um Rettungswege freizuhalten.

Es hat uns gefreut, durch unsere Nachfragen zu erfahren, dass der Gewaltschutz inzwischen fester Bestandteil der Betreiberverträge ist und alle Betreiber*innen verpflichtet sind, ein Gewaltschutzkonzept für die jeweilige Unterkunft zu verankern und viermal im Jahr an den Sitzungen des Runden Tisches „Prävention und Schutz vor Gewalt und sexualisierter Gewalt in Flüchtlingsunterkünften und Obdach“ teilzunehmen. Der Runde Tisch dient der Qualifizierung und Weiterentwicklung der sozialen Betreuung und des Gewaltschutzes in den Unterkünften. Wir gehen davon aus, dass die jeweiligen Gewaltschutzkonzepte den Bewohner*innen persönlich ausgehändigt und erläutert werden, wie das bereits bei der Hausordnung der Fall ist.

Erfreulicherweise ist es uns gelungen, Übernachtungsbesuch zu ermöglichen! Bis zu drei Nächten dürfen die in Einzel- oder Familienzimmern untergebrachten Bewohner*innen Besuch erhalten. Für alle anderen sollen sukzessive Besuchszimmer in den Unterkünften geschaffen werden.

Unter diesen Bedingungen stimmen wir der Satzung zu und sind gespannt auf den Bericht zu den Auswirkungen der Satzungsänderung in einem Jahr.