Clausen-Muradian: Nichts ist doofer als Hannover? Redebeitrag zur Aktuellen Stunde

  • Veröffentlicht am: 16. Dezember 2021 - 17:24

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Elisabeth Clausen-Muradian, Fraktionsvorsitzende / Foto: Sven Brauers

Redebeitrag von Elisabeth Clausen-Muradian, Vorsitzende der Grünen Ratsfraktion, zur Aktuellen Stunde „Hannover und sein Image. Wie werden wir den Negativmythos los?", beantragt seitens der CDU Ratsfraktion für die Ratssitzung vom 16.12.2021. Es gilt das gesprochene Wort.

 

Nichts ist doofer als Hannover?

Die kürzlich veröffentlichte Studie des Rundblick bietet natürlich Gesprächsstoff, aber wie bei jeder Umfrage kommt es darauf an, wie die Schwerpunkte gesetzt werden, wer und auch wie befragt wird.

Dass die CDU dieses Thema überhaupt zum Gegenstand einer Aktuellen Stunde macht, erstaunt. Denn das Image Hannovers ist fast so alt wie die Stadt selbst.

„Woher kommt Hannovers schlechter Ruf?“, fragte die HAZ 2015 mit einem Artikel, aus dem ich zitieren möchte:

„Langweilig, leidenschaftslos, provinziell und mittelmäßig. So sehen angeblich viele Menschen Hannover. Wie lange diese Attribute der Stadt bereits anhängen, überraschte jüngst gut hundert Zuhörer im Stadtarchiv. […] Sie entstammen Reiseberichten aus dem 19. Jahrhundert. […]

Böse Zungen meinen, dass Hannover überhaupt nur Residenzstadt der Welfen geworden ist, weil sie so unbedeutend war, dass sie im Dreißigjährigen Krieg unzerstört blieb. Wie dem auch sei – nicht nur die schlechte Reputation Hannovers hat eine lange Geschichte, sondern auch die Versuche der Hannoveraner, daran etwas zu ändern. Im April 1883 gründeten interessierte Bürger den Hannoverschen Verkehrsverein – der sich vor allem mit einer Frage beschäftigte: Wie wird Hannover für Gäste attraktiver? […]

1936 erfüllte Oberbürgermeister Arthur Menge den lang gehegten Wunsch nach einem See in der Masch, 1937 ließ er die Herrenhäuser Gärten restaurieren. Trotzdem schrieb der Dichter Gottfried Benn über Hannover: „Schlechtes Klima, keine Landschaft, flach alles, riesig öde.“ […]

Fakt ist, dass Hannover nach dem Zweiten Weltkrieg die Stadt mit dem größten Trümmerberg war. […] Der Wiederaufbau als autogerechte Stadt, zunächst als „Wunder von Hannover“ bundesweit bejubelt, trug der Landeshauptstadt bald Kritik ein: Als spießig, kühl und sachlich wurde Hannover laut einer Studie aus dem Jahr 1969 empfunden. Doch schon damals urteilte die hiesige Presse: Hannover ist besser als sein Ruf.“

Und so zieht ein Artikel der FAZ aus dem März 2018 über Hannover folgendes Fazit: „Eine Stadt macht sich locker. […] Die Vielfalt an Gastronomie, Sport- und Freizeitangeboten wird beständig größer. In Kombination mit den schon vorhandenen Stärken der Stadt – ihrer exzellenten Verkehrsanbindung und ihrem hochwertigen Angebot in fast allen Sparten der klassischen Kultur – bietet Hannover eigentlich alles, was man für ein angenehmes Leben in einer Großstadt braucht.“

Der Wahl-Hannoveraner Paul von Hindenburg, auf den die CDU Hannover gerne verweist, hat diesen Befund bereits 1920 auf eine bis heute unübertroffene Formel gebracht: Hannover vereine „…in glücklichster Weise die Vorteile einer Großstadt nicht mit den Nachteilen einer solchen“.

Für das größte deutsche Online-Reisemagazin Travelbook ist Hannover „Die meistunterschätzte Stadt Deutschlands.“

Nach der Studie des Rundblick wird Hannover von der überwiegenden Mehrheit als starke Wirtschaftsregion gesehen. Bei Investoren gilt Hannover als Königin der B-Städte. Gewerbe siedelt sich hier gerne an, der Standort ist für innovative Startups und Kreativwirtschaft aber immer noch bezahlbar.

Zudem zählt Hannover mit rund 50.000 Studierenden und 21.000 Beschäftigten an den Hochschulen zu den bedeutenden Wissenschaftsstandorten in Deutschland. Hannover ist Trägerin des Deutschen Nachhaltigkeitspreises. Und nicht zuletzt ist Hannover eine Stadt des sozialen Zusammenhalts und der gelebten Vielfalt, was für wertvolle Lebensqualität sorgt.

Im Übrigen: Wenn, wie in der Rundblick-Studie, Kritik an der Verkehrsfreundlichkeit darin besteht, dass vermeintlich an jeder Ecke ein Blitzer steht - Geräte also, die wir zur Verkehrssicherheit, zum Lärmschutz und natürlich zur Einhaltung des Straßenverkehrsrechts einsetzen - dann sollte uns derartige Unbeliebtheit nicht anfechten.

91% der Hannoveraner*innen wohnen gerne oder sehr gerne in Hannover, laut einer Studie der FAZ. Einer davon ist Matthias Brodowy, der über Hannover singt: „Was für eine Stadt. Liebe auf den dritten Blick. Und dafür umso mehr.“

Also, bleiben wir locker und arbeiten weiter auf dem guten Weg, auf dem wir mit dem Innenstadtdialog längst sind.