Killinger: Schwerpunkte bei Prävention und Schutz vor Gewalt

  • Veröffentlicht am: 7. November 2022 - 17:04

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Dr. Stefanie Killinger, Sprecherin für Personalpolitik sowie Gleichstellungspolitik / Foto: Sven Brauers

Rede von Stefanie Killinger zu den Anträgen von Grünen und SPD zum Doppelhaushalt 2023/24 im Gleichstellungsausschuss am 07.11.2022

Es gilt das gesprochene Wort.

 

Gewaltschutz und Prävention von geschlechtsbezogener Gewalt

„Der letzte Doppelhaushalt stand unter den Vorzeichen der Corona-Pandemie – das öffentliche Leben war im Stand-by-Modus, aber die Arbeit ging weiter. Wir alle hier hofften zu Beginn diesen Jahres, dass wir Normalität zurückgewinnen würden. Mehr soziales Leben, aber auch mehr Wirtschaftsaktivität und damit eine Normalisierung des städtischen Haushalts. Doch zusätzlich zu den Auswirkungen der Pandemie stellen uns die Folgen des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs der Russischen Föderation auf die Ukraine vor weitere gesellschaftliche und finanzielle Herausforderungen.

In diesem Umfeld geht es Grün-Rot um eines: gute Strukturen sichern, maßvolle Verbesserungen ermöglichen. Ich bin dankbar, dass wir gerade im Gleichstellungsausschuss mit den Kolleginnen und Kollegen von der SPD sehr gut zusammengearbeitet haben und uns über dieses Ziel von vornherein einig waren. Es gab eine große Übereinstimmung bei den einzelnen Vorschlägen. Die notwendigen Haushaltsanträge, die wir heute einbringen, sind Ergebnis dieser einvernehmlichen Zusammenarbeit.

Wie schon in den letzten Jahren legen wir im Bereich Gleichstellung einen Schwerpunkt auf den Gewaltschutz.

Um den Verpflichtungen aus dem Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt – der sogenannten Istanbul-Konvention – gerecht zu werden, hat Hannover seit 2016 das Angebot von Plätzen in Frauenhäusern und das Beratungsangebot für Frauen kontinuierlich erhöht. Dass das Angebot auch und gerade unter den Vorzeichen von Corona mehr als ausgelastet war und noch größer sein müsste, ist leider keine klassische Erfolgsgeschichte. Allen Mitarbeiter*innen der Frauenhäuser gilt unser aller Dank für ihren enormen Einsatz unter den schwierigen Bedingungen der letzten zweieinhalb Jahre. Kurz vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie konnte das Frauenhaus 24 seine Pforten öffnen. Es bietet rund um die Uhr einen schnellen Zugang zu Schutzplätzen für Frauen und auch für ihre Kinder. Das Angebot entspricht dem Bedarf an ad-hoc-Schutz. Die Erfahrung aus dem Betrieb zeigt allerdings, dass das ursprünglich veranschlagte Budget nicht ausreicht. Wir wollen deshalb den Ansatz für das Frauenhaus 24 erhöhen, damit das 24/7-Konzept ohne Veränderung aufrechterhalten werden kann.

Zu unserer Gewaltschutzagenda gehört auch Gewaltschutz für Männer. Auch Männer werden Opfer von häuslicher Gewalt und brauchen Zufluchtsorte. Wir unterstützen gemeinsam mit der Region Hannover, die die Ko-Finanzierung leisten wird, das Männerbüro darin, bei Bedarf vorübergehende Anmietungen vorzunehmen.

Im Bereich Gleichstellung ist uns auch Gewaltprävention weiterhin wichtig. Deshalb möchten wir den Ansatz für Jugendbildung bei SCHLAU e.V. erhöhen. SCHLAU informiert an Schulen und anderen Orten Jugendliche über die Vielfalt von geschlechtlichen Lebensweisen und leistet einen wichtigen Beitrag, Jugendliche in ihrer selbstbestimmten Geschlechtlichkeit zu stärken und die Akzeptanz von Lebensweisen zu erhöhen. SCHLAU ist damit auch ein Präventionsprojekt. Die Nachfrage von Schulen ist enorm, und SCHLAU soll die Möglichkeit bekommen, diese wichtige Nachfrage auch zu bedienen.

Auch der Ansatz von We Take Care soll erhöht werden. We take care ist ein Kooperationsprojekt von Clubs und soziokulturellen Zentren, die gegen sexuelle Belästigungen bei Musik- und Kulturveranstaltungen zusammenarbeiten. Auch We Take Care ist ein Präventionsprojekt. Ein Schwerpunkt sind Schulungen von Veranstaltungsteams. Das Nachtleben der Stadt wird durch We Take Care sicherer, gerade für Frauen und queere Menschen. Wir wollen die Zuwendungen für We Take Care auf eine verlässliche Grundlage stellen, anders als in den Vorjahren sollen nicht mehr Restmittel aus dem Frauennachttaxi verwendet werden. Im Gegenzug verringern wir den Ansatz für das Frauennachttaxi auf eine Summe, die wir für weiterhin auskömmlich für dieses traditionsreiche Projekt halten.

Und schließlich wollen wir, dass die Landeshauptstadt im Bereich Gleichstellung auch unter schwierigen Haushaltsbedingungen eine zuverlässige Partnerin der Zuwendungsempfänger*innen ist. Deshalb wollen wir auch im Doppelhaushalt 2023/24 die Zuwendungen dynamisieren und sehr maßvolle Steigerungen zulassen. Damit können die Vereine angemessenere Löhne für gute Arbeit zahlen.

Einen kleinen Beitrag für eine vielfaltsgerechte Infrastruktur soll auch die Landeshauptstadt selbst leisten. Wir wollen, dass in Neubauten und bei Sanierungen neben den binär getrennten Toiletten auch Unisex-Toiletten eingerichtet werden. Das entspricht der Landesbauordnung für öffentliche Neubauten.

Ich schließe mit einem besonderen Dank an Friederike Kämpfe und ihr Team, das nach den Neueinstellungen in den vergangenen Monaten gut gestärkt in die nächsten Jahre gehen kann. Sie machen hervorragende Arbeit für die Mitarbeiter*innen in der Stadt, aber auch für die Frauen der Stadtgesellschaft. Dank gebührt aber auch dem Team von 18.LS, die sich an queere Menschen in der Stadtverwaltung wenden. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit in den nächsten Jahren.“

 

Anträge von Grünen und SPD zum Doppelhaushalt 2023/24 im Gleichstellungsausschuss am 07.11. im Überblick:

  • + 12.000€ für Dynamisierung – die Dynamisierung der Löhne ist beschlossen und wir zeigen uns damit als verlässliche Partnerin der Zuwendungsempfänger*innen.
  • + 22.000€ für Zufluchtsorte für Männer – auch Männer sind von häuslicher Gewalt betroffen. In Zusammenarbeit mit der Region entsteht nun ein Projekt, das es dem Männerbüro ermöglicht, von Gewalt betroffene Männer in Krisensituationen zu begleiten und ihnen Zuflucht zu gewähren.
  • + 15.000E für SCHLAU e.V. – wichtige Aufklärungsarbeit rund um queere Themen in Schulen, Jugendverbänden usw. Der Bedarf kann durch SCHLAU aktuell nur um 50% gedeckt werden, mit der Erhöhung soll eine höhere Deckung der Anfragen möglich sein.
  • + 54.000€ für Frauenhaus.24 – das Frauenhaus.24 hat signalisiert, dass die bisher zur Verfügung gestellten Mittel nicht ausreichend sind, um die 24/7-Öffnung des Hauses aufrecht erhalten zu können. Deshalb erhöhen wir.
  • Umschichtung von 10.000€ aus dem Fonds für das Frauennachttaxi zu Gunsten von  We Take Care. Die Zahlen zeigen, dass das Frauennachttaxi nicht mehr zeitgemäß ist und die Nachfrage drastisch gesunken ist. Um die Sicherheit junger Menschen im Nachtleben dennoch hoch zu halten, widmen wir das Geld um für das Präventionsprogramm We Take Care.
  • Haushaltsbegleitantrag: Unisex-Toiletten in Gebäuden der Verwaltung – Die aktuelle gesellschaftliche Entwicklung geht weg von binären Geschlechtersystemen, hin zu Vielfalt. Um dieser Tatsache gerecht werden zu können, braucht es Unisex-Toiletten.
  • Haushaltsbegleitantrag: Ergänzung des Produktziels um Arbeitszeitgestaltung und Vermeidung von Armut – Frauen sind besonders oft betroffen von Doppelbelastungen durch Erwerbs- und Carearbeit. Gleichzeitig arbeiten sie oft deshalb erwerbsmäßig nicht in Vollzeit. Um hier präventiv vor Altersarmut zu schützen und flexiblere Arbeitszeitgestaltungen zu ermöglichen, ergänzen wir das Produktziel um die beiden Punkte.
  • Haushaltsbegleitantrag: Entwicklung eines Konzepts zur Versorgung von Frauen (und ihren Kindern) mit Wohnraum und dadurch Verkürzung der Aufenthalte in Frauenhäusern – Frauen verharren oft in Frauenhäusern, da sie keine Wohnung finden. Ein entsprechendes Konzept soll hier Abhilfe leisten.